> Zurück

Abschied von den NAW-Trolleybussen

Flückiger Sandro 19.09.2017

Mit Auslieferung der 3. Serie Doppelgenktrolleybusse im RBus-Design werden auch die verbleibenden 5 Anhängerzüge der Verkehrsbetriebe Luzern per Mitte September 2017 nicht mehr benötigt. Damit endet nach 29 Jahren der Einsatz von NAW-Trolleybussen Luzern, was auch den Ende des 19 Jahre dauernden Anhängerbetriebs bedeutet. Deshalb wurde von den Verkehrsbetrieben Luzern eine Abschiedsfahrt organisiert, um sich von den NAWs und ihren Anhängern zu verabschieden.

Das Interesse an der Extrafahrt war gross, insgesamt nahmen rund 70 Personen teil. Die Sonderfahrt führte zuerst in Richtung Maihof entlang der "Stammstrecke" der Anhängerzüge. Anschliessend verkehrte der Anhängerzug bestehend aus NAW Nr. 262 und Anhänger Nr. 313 auch entlang der Linie 2 nach Emmenbrücke, wo im Linienbetrieb nie Anhängerzüge zum Einsatz kamen. Im Anschluss an die Extrafahrt folgte ein Apero im Depot Weinbergli, der von Abschiedsreden umrahmt wurde.

Inzwischen sind die verbleibenden Anhängerzüge abgesehen von Ausnahmesituationen nicht mehr im Fahrgastbetrieb anzutreffen und sie werden nach der vollständigen Auslieferung der neusten RBusse definitiv ausgemustert werden.

Einzig Nr. 280, der allerletzte Zweiachstrolleybus der Deutschschweiz, wird in Luzern verbleiben, als historisches Fahrzeug aber nicht mehr für den Fahrgast eingesetzt werden.

Geschichte der Luzerner Anhängerzüge

In den frühen 1980er-Jahren benötigten die Verkehrsbetriebe Luzern Ersatz für den Wagenpark, der hauptsächlich aus den 60er-Jahren stammte.

Nach der erfolgreichen Volksabstimmung vom 9. Juni 1985 konnten insgesamt 46 neue Trolleybusse – 16 Gelenk- und 30 Zweiachswagen – bestellt werden. Der grosse Auftrag ging an die Nutzfahrzeugwerke Arbon Wetzikon (NAW) für das Fahrgestell, die Carrosserie Hess AG in Bellach für die Aufbauten, sowie die Siemens Albis für die elektrische Ausrüstung, wobei die VBL als Generalunternehmerin amteten. Die Karosserien für 20 der 30 Zweiachser wurden seitens Hess an Ramseier & Jenzer in Biel weiter vergeben.

Die 16 Gelenkwagen Nr. 181-196 gingen zwischen Dezember 1987 und Herbst 1988 in Betrieb und die 30 Zweiachser Nr. 251-280 folgten anschliessend, worauf am 23. Juli 1989 der Abschluss des Generationenwechsels gefeiert werden konnte. Im Hinblick auf die Linienverlängerungen ins Obernau und zur Sprengi wurden die vier Gelenkwagen Nr. 197-200 nachbestellt, welche 1991 grösstenteils baugleich in Betrieb gingen. Ergänzt wurden die NAW-Trolleybusse durch 14 Volvo-Gelenktrolleybusse von 1975.

Der Einsatz erfolgte anfänglich wie gehabt – auf den Linien 1 und 2 Gelenk- und auf den übrigen Linien Zweiachstrolleybusse. Zur Hauptverkehrszeit kamen zwischen Luzernerhof und Kriens weiterhin Zweiachser zum Zug, was zwar dichte Takte, aufgrund des Verkehrsaufkommens aber oft eine unregelmässige Wagenfolge bedeutete – und dies mit zunehmenden Kapazitätsproblemen. Eine zukunftsträchtigere und wirtschaftlichere Lösung musste her.

Bei der Prüfung möglicher Lösungsansätze galt es zu berücksichtigen, dass die NAW-Trolleybusse noch längst nicht abgeschrieben waren. Daher lag die Idee, vorhandene Zweiachstrolleybusse mit Anhängern zu bestücken, aus heutiger Sicht zwar nahe, allerdings gilt es zu bedenken, dass damals in der Schweiz nur noch in Zug und in Lausanne Anhänger auf den Strassen anzutreffen waren: Dieses Konzept wieder neu einführen zu wollen, mutete somit einigermassen exotisch an. Nichtsdestotrotz wurde 1996 NAW-Trolleybus 270 umgerüstet um mit einem Zuger Anhänger Testfahrten zu unternehmen. Diese befriedigten vollauf, sodass die Beschaffung von sieben Anhängern (Nr. 301-307) erfolgte, welche nach Umrüstung der Trolleybusse 271-278 im Spätsommer 1998 in Betrieb gingen. Mit den neuen Anhängern verfügte der VBL-Trolleybusbetrieb erstmals über Niederflurfahrzeuge.

Kamen die Anhängerzüge zu Beginn ausschliesslich zu den Hauptverkehrszeiten auf der Linie 1 anstelle der alleinfahrenden Zweiachstrolleybusse in den Einsatz, so wurde ihr Aufgabenbereich mit der Zeit auf den ganzen Tag und später auch auf die Linien 6 und 8 ausgeweitet. Das neue Konzept bewährte sich, sodass bis 2005 insgesamt neun weitere Anhänger (Nr. 308-316) angeschafft wurden um die Kapazität weiter auszubauen. Als Zugfahrzeuge wurden gleichzeitig die Wagen 279 und 260-268 mit Anhängerkupplungen ausgerüstet, womit schlussendlich 19 Zugfahrzeuge für die 16 Anhänger zur Verfügung standen. Nach Anschaffung weiterer Neufahrzeuge – darunter die ersten drei Doppelgelenktrolleybusse – erfolgte ab 2006 die Ausrangierung einzelner NAW-Zweiachser ohne Anhängerkupplung.

Während alle NAW-Gelenktrolleybusse bis 2012 ausrangiert wurden, durchliefen insgesamt 23 Zweiachser zwischen 2008 und 2011 ein gründliches Refit, welches eine neue Innenausstattung und die Anpassung ans neue Farbkleid mit mehr Weissanteil beinhaltete. Die 16 Anhängerzüge blieben bis zur Umsetzung des RBus-Konzepts unentbehrlich. Letzteres startete im Sommer 2014 mit Ablieferung der ersten Doppelgelenktrolleybusse im tramähnlichen Design für die Linie 1.

Die ausgemusterten Zweiachs-Trolleybusse wurden darauf hin nach Valparaíso, Chile verkauft, wo sie weiterhin Passagiere befördern. Die 2017 ausgemusterten Wagen sollen in Kürze den Linienbetrieb in Südamerika ebenfalls aufnehmen.